Grenzraum als Vorstellung und Erfahrung. Diskussion zur Geschichte der deutsch-tschechischen Grenzgebiete nach 1948

In Zusammenarbeit mit dem Prager Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen, der Karls-Universität in Prag, dem Institut für Zeitgeschichte der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Europäische Geschichte der TU Chemnitz führte die Prager Außenstelle des DHI Warschau am 23. Oktober 2018 eine Tagung zur Geschichte der deutsch-tschechischen Grenzgebiete durch.
Während der Veranstaltung wurde insbesondere den diesjährigen Jahrestagen 1918, 1948 und 1968 große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Vorträge und die anschließende Podiumsdiskussion konzentrierten sich in diesem Zusammenhang auf die langfristigen Prozesse und Strukturveränderungen, die sich für die ethischen und kulturellen Minderheiten auf lokaler Ebene ergaben. Am Beispiel der deutsch-tschechischen oder genauer der sächsisch-böhmischen Grenzgebiete wurden die Folgen der Bewohnerumsiedlung, Besiedlungspolitik und Neuordnung der Gesellschaft diskutiert. Mit welchen Vorstellungen, Entwürfen und Visionen wurden diese Projekte verbunden? Auf welche Weise wurden diese Pläne realisiert? Wie wurden diese Experimente subjektiv erlebt? Auf diese und weitere Fragen suchten führende deutsche und tschechische Historikerinnen und Historiker Antworten. Nach der Begrüßung durch David Michel, den Leiter des sächsischen Verbindungsbüros, stellte Andreas Wiedemann einige Thesen zur Wiederbesiedlung der Grenzgebiete der böhmischen Länder vor. Kateřina Čapková sprach anschließend über die Perspektive der jüdischen Bevölkerung, welche den Grenzraum nach 1948 nicht nur als Gebiet der Zerstörung, sondern auch als Raum der Hoffnung wahrnahm. Stefanie Troppmann wies auf die Bedeutung deutscher Kulturgruppen und der deutsch-tschechischen Lokalgesellschaft im Grenzgebiet hin. Schließlich betonte Matěj Spurný, dass die Geschichte der deutsch-tschechischen Grenzgebiete in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Laboratorium des neuen Menschen und der neuen Gesellschaft hätte sein sollen, diese Erwartung jedoch nicht erfüllt worden sei. In der Diskussion, die von Zdeněk Nebřenský moderiert wurde, warnten die Teilnehmenden zudem vor Social Engineering und gesamtgesellschaftlichen Steuerungsversuchen.

24
Apr
Tagung
Longue duree der Regionalitäten
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