Jüdische Wirtschaftseliten in Polen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

In der Reihe „Quellen und Studien“ des Deutschen Historischen Instituts Warschau ist die Studie „Transkulturelle Kommunikation und Verflechtung. Die jüdischen Wirtschaftseliten in Polen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert“ von Jürgen Heyde erschienen.

Die im Harrassowitz Verlag veröffentlichte Monographie geht auf eine im Jahr 2010 an der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg vorgelegte Habilitationsschrift zurück. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Aktivitäten  jüdischer Wirtschaftseliten sowie nichtjüdischer Akteure und ihre  transkulturellen Verflechtungen in drei Bereichen, derArena des Politischen, der Arena des Ökonomischen und der Arena der Verwaltung. Der Autor geht von der Perspektive  aus, die jüdische Geschichte der Wirtschaftseliten jener Zeit als integraler Bestandteil der polnischen Geschichte zu begreifen und sie nicht als separate Randerscheinung zu betrachten. Im ersten Kapitel „Privilegien und Polemik“  stellt er u.a. dar, wie  gesetzliche Normen für die Funktionen der Juden im wirtschaftlichen Leben Polens ausgehandelt wurden und welche Akteure in diesem Prozess aktiv waren. Im  zweiten Teil analysiert er die Rolle der jüdischen Bevölkerung im Kreditwesen (als Kreditvermittler, aber auch als Kreditnehmer), im Fernhandel und als Pächter von Salinen sowie  ihre Kontakte und Interaktionen  zu  Herrschern, zum Adel und zu  Bürgern in verschiedenen Konstellationen. Diese  waren gleichsam von Vertrauen und Konflikten geprägt. Der Autor arbeitet hier heraus,  wie  sich transkulturelle Wirtschaftsbeziehungen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Akteuren entwickelten  und  im 15. und 16. Jahrhundert verdichteten. Das breite Spektrum der Untersuchungen in diesem Teil umfasst u.a. Krakau, Posen, Lemberg und das Großfürstentum Litauen. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Verwirklichung von Herrschaftsansprüchen und  Herrschaftsdurchsetzung durch Verwaltung: Polnische Könige vergaben  besonders in Rotreußen, Podolien und Wolhynien Ämter an Juden im Bereich der Steuer- und Zollverwaltung. Auch in Krakau waren  jüdische Zoll- und Finanzbeamte keine Ausnahmeerscheinung. Durch diese Funktionen fungierten sie als Ansprechpartner für  nichtjüdische Akteure in Verwaltung und Wirtschaft. Jürgen Heyde konstatiert, dass auf dieser Basis  zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert eine transkulturell verflochtene Elite entstand, deren jüdische und nicht jüdische Mitglieder in mehreren Arenen des damaligen Polen-Litauen gemeinsam agierten.
Jürgen Heyde, PD Dr. ist Referent des Direktors des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) an der Universität Leipzig.

Jürgen Heyde, Transkulturelle Kommunikation und Verflechtung. Die jüdischen Wirtschaftseliten in Polen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert [Quellen und Studien Band 29], Wiesbaden 2014, 280 S., EUR 48,00, ISBN 978-3-447-10311-4

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Apr
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