Neue Publikation über den Zweiten Weltkrieg in Polen

In der Reihe „Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Institut Warschau“ ist im fibre-Verlag der von Jochen Böhler und Stephan Lehnstaedt herausgegebene Sammelband „Gewalt und Alltag im besetzten Polen 1939-1945“ erschienen.

Die 23 Beiträge des Sammelbandes gehen auf eine internationale Konferenz zurück, die im November 2009 unter dem Titel „Gewalt und Alltag im besetzten Polen “ von dem Deutschen Historischen Institut Warschau und dem Museum für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs in Danzig durchgeführt worden ist.

Die Geschichte des Alltags, die der Gewalt sowie die Methode des Vergleichs sind jeweils für sich durchaus in der Forschung etabliert. Ihre systematische Verbindung und Nutzbarmachung für die Analyse von Besatzung und Krieg hat allerdings bisher nicht stattgefunden. Der Sammelband blickt aus dieser Perspektive auf das deutsch und sowjetisch besetzte Polen im Zweiten Weltkrieg. Im ersten Abschnitt werden die neuen Herrschaftsformen untersucht, die die Besatzer errichteten. Das Augenmerk liegt besonders auf den spezifisch nationalsozialistischen bzw. sowjetischen Methoden von Herrschaft, weshalb beispielsweise Justiz, Einsatzgruppen oder der nationalsozialistische Siedlungsapparat vorgestellt werden. Das zweite Kapitel ist den neuen Eliten gewidmet, die als Folge der militärischen Siege entstanden. Die hier zu findenden Beiträge widmen sich etwa den sowjetischen Politoffizieren, dem NKWD, aber auch den Angehörigen der Behörden im Reichsgau Wartheland und den deutschen Besatzern in Warschau. An diesen Abschnitt schließen sich Studien über die Ethnisierung des Alltags an, die sich als Folge der vorher beschriebenen Herrschaftsformen und Eliten entwickelten. Hier finden sich Untersuchungen zur Bevölkerungspolitik in Städten, in denen die Einwohner zwischen 1938 und 1946 mehrfachen Regimewechseln – und damit unterschiedlichen Nationalitätenvorstellungen – unterworfen wurden. Um der zentralen Bedeutung des Widerstands für die Geschichte Polens gerecht zu werden, wird dieser im vierten und letzten Kapitel behandelt. Es zeigt den Kampf gegen die Besatzer aus polnischer, jüdischer und ukrainischer Perspektive, aber ebenso die Aktivitäten der Okkupanten gegen diese Bewegungen und den Umgang der Untergrundbewegungen mit der Ethnisierung des Alltags.

„The conception of this book is brilliant and fruitful, since it simultaneously resolves major problems of the social, national, and international histories of the Second World War.” (Timothy Snyder im Vorwort).

Ein Inhaltsverzeichnis, das Vorwort von Timothy Snyder und die Einführung von Stephan Lehnstaedt finden sich hier.

Gewalt und Alltag im besetzten Polen 1939-1945, hrsg. von Jochen Böhler und  Stephan Lehnstaedt, [ Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts Warschau, Band 26], Osnabrück 2012, 566 S., EUR 39,80,  ISBN 978-3-938400-70-8

04
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