Wirtschaft, Medizin, Glaube - Neue Perspektiven auf jüdische Regionen in Mittel- und Osteuropa

In Zusammenarbeit mit dem Anielewicz-Zentrum am Historischen Institut der Universität Warschau und dem Institut für Judaistik der Jagiellonen-Universität Krakau organisierte das DHI Warschau eine zweitägige Konferenz zum Thema „Jewish Region in the Early Modern Central and Eastern Europe”. Die Tagung, zu der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Polen, Israel, Russland, Deutschland und den USA trafen, fand vom 6. bis 7. November 2018 in den Räumen des Deutschen Historischen Instituts und der Universität Warschau statt.

Das Zentrum der Konferenz bildete die Analyse von Regionen in Mittel- und Osteuropa aus judaistischer Perspektive. Hauptziel dabei war es, zu zeigen, dass das Konzept der „Region“ durchaus für die Erforschung der Geschichte und Kultur der Juden in der Frühen Neuzeit genutzt werden kann. Die „Jüdische Region“ wurde dabei als ein von Juden geschaffenes und mit deren Aktivitäten gefülltes Betätigungsfeld definiert, welches zum Teil unabhängig von bestehenden politischen und geografischen Grenzen existiert.

Die Eröffnungsvorlesung hielt Prof. Moshe Rosman von der Bar-Ilan University in Israel. Neben einer historiographischen Analyse der bisherigen Forschungsergebnisse zum Thema „Regionen in der Neuzeit“ präsentierte Rosman verschiedene Möglichkeiten zur Interpretation des Begriffs „Region“ und wies zudem auf dessen Mehrdeutigkeit hin. Moshe Rosmans Vortrag löste eine lebhafte Diskussion aus.

Im Rahmen der Konferenz fanden siebzehn Vorträge in fünf thematischen Sektionen statt. Während des ersten Panels wurden Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung regionaler jüdischer Autonomieorgane am Beispiel von Kronländern (A. Kaźmierczyk, P. Zarubin) und des jüdischen Raates Waad (A. Michałowska-Mycielska) diskutiert. Die Sektion „Regions and Economy” (R. Leiserowitz, M. Cieśla)  nahm die Aktivitäten jüdischer Kaufleute im Großherzogtum Litauen in den Blick. Darüber hinaus zeigte Shaul Stampfer, wie die Bildung traditioneller jüdischer Regionen von wirtschaftlichen Entwicklungen beeinflusst wurde. Im Panel „Jewish Geography” diskutierte Vladimir Levin osteuropäische jüdische Mentalkarten. Paweł Maciejko präsentierte anschließend eine interessante Analyse, die die Bedeutung regionaler Namen bei der Selbstbestimmung von Jakub Frank aufzeigte. Marek Tuszewicki machte deutlich, dass das Konzept der „Region“ auch bei der Erforschung jüdischer Volksmedizin zum Einsatz kommen kann. Gegenstand der folgenden Einheit „Jewish Region – Christian Region” war die Frage, inwieweit die von den Christen eingeführten Spaltungen Auswirkungen auf die Schaffung jüdischer Regionen hatten.  Dies wurde sowohl aus rechtlicher (A. Shpirt; A. Vaturi) und demografischer Sicht (R. Poniat, M. Szołtysek) als auch aus Perspektive der Wirtschaftseliten betrachtet (T. Wiślicz). Im Schlusspanel „Region und Religion“, widmeten sich die Vortragenden religiösen Themen. Hier wurden insbesondere regionale Gebetsgewohnheiten (O. Roman, L. Raspe) sowie die Aufführungen während des jüdischen Purim-Festes (S. Cofman-Simhon) thematisiert.

23
Apr
Vortrag
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