Workshop zu Perspektiven auf die Geschichte der ‚Prostitution‘ in Ostmitteleuropa

Wissenschaftler/innen aus acht Ländern trafen sich vom 15. bis zum 17. Februar 2018 in der Vila Lanna in Prag zu einem Workshop zum Thema „Perspektiven auf die Geschichte der ‚Prostitution‘ in Ostmitteleuropa“. Die Veranstaltung des DHI Warschau fand in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Philosophie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und in enger Kooperation mit Steffi Brüning (Universität Rostock) und Sonja Dolinsek (Universität Erfurt) statt.
Wie Magdalena Saryusz-Wolska (DHI Warschau/Universität Łódź) in ihrer Einführung bemerkte, waren die Veranstalter von der Idee geleitet, methodische Überlegungen zur Geschichte der Prostitution in den Fokus des Workshops zu stellen. Die Referate der Teilnehmer/innen umfassten aber neben methodisch-konzeptionellen Analysen auch empirische Studien. Viele der Beiträge kreisten um den Begriff der „Prostitution“, um Definitionen derselben und um geeignete Kategorien zur geschichtswissenschaftlichen Analyse des Phänomens. Dabei wurde deutlich, dass die Grenzen zwischen einer als unmoralisch kategorisierten weiblichen Sexualität, einer professionell erbrachten sexuellen Dienstleistung sowie unterschiedlichen Formen sexualisierter Gewalt oft verschwimmen und dass somit ein vielschichtiger analytischer Zugang zum historischen Gegenstand „Prostitution“ notwendig ist.
Zu dem thematischen roten Faden, der sich durch die Vorträge und Diskussionen zog, gehörte erstens der rechtliche bzw. obrigkeitlich-staatliche Umgang mit Prostitution und Prostituierten. Thematisiert wurden hier insbesondere unterschiedliche lokale Kontexten und Praxen staatlicher Reglementierung der Prostitution, wie sie im 19. Jahrhundert weit verbreitet war. Im Laufe des 20. Jahrhundert wurde diese Reglementierung vielerorts offiziell wieder abgeschafft und vor allem in sozialistischen Staaten durch eine „abolitionistische“ Herangehensweise ersetzt, die jedoch vielfach nicht weniger repressiv war. Mit politischen Ansätzen zur Regulierung von „Prostitution“ befasste sich auch der Keynote-Vortrag der ehemaligen DHI-Mitarbeiterin Maren Röger, derzeit Junior-Professorin an der Universität Augsburg.
Ein zweiter Strang betraf Handlungsräume und Akteure. In den Blick rückten hier Stimmen und Selbstzeugnisse von Prostituierten, aber auch ihre Kunden sowie der Kreis der Personen, die mit der Kontrolle von Prostituierten betraut waren bzw. sind.
Ein dritter Schwerpunkt lag auf der Wissensproduktion rund um das Thema Prostitution und der – durchaus auch empirisch zu untersuchenden – Frage, wie das Bild der „Prostituierten“ durch Politik, Justiz und Experten konstruiert wurde und wird. Deutlich wurde in diesem Kontext auch, wie die Pathologisierung der (weiblichen) Prostitution oftmals parallel zur Pathologisierung männlicher Homosexualität sowie auch mann-männlicher Prostitution erfolgte.
Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist für 2019/2020 geplant.

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