Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg in Kongresspolen und in Litauen

Zusammen mit dem Verlag der Warschauer Universität (Wydawnictwo Uniwersytetu Warszawskiego) hat das Deutsche Historische Institut Warschau die Studie von Christian Westerhoff „Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg“ in polnischer Übersetzung vorgelegt.

Der Begriff „Zwangsarbeit“ wird üblicherweise sowohl in der Historiographie als auch in der breiten Öffentlichkeit mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs assoziiert. Dennoch wissen die meisten nicht, dass es Zwangsarbeit in verschiedener Ausprägung bereits im Ersten Weltkrieg innerhalb der von Deutschland besetzten Gebieten gegeben hat. Dieser Aspekt wurde von der bisherigen Forschung kaum erfasst. Die Studie von Christian Westerhoff, die auf eine im Jahr 2009 an der Universität Erfurt vorgelegte Dissertation zurückgeht, analysiert anhand einer breiten, sorgfältig recherchierten Quellenbasis dieses unbekannte Phänomen. Im Fokus der Untersuchung stehen die in den Jahren 1914–1918 vom deutschen Kaiserreich besetzten Gebiete  Kongresspolens und des Baltikums. Der Autor unterteilt die deutsche  Arbeitskräftepolitik auf diesen Territorien in drei Phasen: Erstens: Freiwillige Anwerbung von Arbeitskräften zwischen 1914 und 1916, Zweitens: Entwicklung in Richtung Zwangsrekrutierungen ab Herbst 1916, Drittens: Proteste der von Zwangsrekrutierung betroffenen Bevölkerung und allmähliche Einstellung  dieser Maßnahmen. Es wird u.a. der Frage nachgegangen warum und inwieweit die deutschen Behörden Zwangsrekrutierungen und Zwangsarbeit als Lösung des Arbeitskräftemangels verstanden. Neben der Politik werden auch die Anwerbeinstitutionen und die Beschäftigungsfelder der Arbeitskräfte in ihrer Rolle für die Besatzungswirtschaft untersucht. Der Autor differenziert zwischen dem Ausmaß der Zwangsrekrutierungen in Kongresspolen und im Baltikum: So wurde z.B. in Kongresspolen die Zwangsarbeit bereits im Dezember 1916 eingestellt, denn solche Maßnahmen hätten das deutsche Projekt eines polnischen Staates unter der polnischen Bevölkerung unglaubwürdig erscheinen lassen. Last but not least wirft Christian Westerhoff die Frage auf, in wie weit die Politik der deutschen Militärverwaltung im Baltikum  ein Laboratorium des „totalen Kriegs“ der Jahre 1939-1945 darstellte.
Christian Westerhoff, Dr.phil., Historiker und Bibliothekar, ist  Leiter der Bibliothek für Zeitgeschichte der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Von 2011-2013 war er Koordinator  des Internetprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „1914-1918 online. International Encyclopedia of the First World War“ . www.1914-1918-online.net

Das Deutsche Historische Institut Warschau und Wydawnictwo Uniwersytetu Warszawskiego laden zu der Präsentation  dieses Bandes unter Anwesenheit des Autors am 29. November  2014, um 11 Uhr, im Konzertsaal des Warschauer Königsschlosses, ein. Daneben wird das DHI Warschau ebenfalls am 29. November um 17 Uhr im Konzertsaal des Königsschlosses das Projekt „1914-1918 online. International Encyclopedia of the First World War“ vorstellen. Die beiden Veranstaltungen finden im Rahmen der 23. Messe des Historischen Buches (XXIII Targi Książki Historycznej) statt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter: www.pwkh.pl

Christian Westerhoff, Praca przymusowa w czasie I wojny światowej. Niemiecka polityka sterowania siłą roboczą w okupowanym Królestwie Polskim i na Litwie w latach 1914-1918., Warszawa 2014, 439 S., 54 zł, ISBN 978-83-2351453-4

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