Prof. Dr. Andreas Rödder (Mainz): Wer hat Angst vor Deutschland? Ein Spiegelkabinett europäischer Wahrnehmungen seit 1870

Vortrag

Di. 12.12.2017 | 18:00 Uhr
Warschau

Eine Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Dienstagsvorträge"

Wenn Staatssekretär von Bülow 1897 sagte, „wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne“, dann mochte er das „auch“ unterstreichen – der britische Diplomat Eyre Crowe argwöhnte dennoch, Deutschland maße sich das Recht an, „den Vorrang der deutschen Ideale zu etablieren“. Und während die Deutschen sich im 21. Jahrhundert als solidarische Europäer fühlten, wurde Deutschland in der Euro-Schuldenkrise als herzloser Hegemon kritisiert. Dieser Vortrag möchte zwei Geschichten miteinander verbinden. Die eine ist die Strukturgeschichte der deutschen Stärke in Europa von der „halbhegemonialen Stellung“ des Deutschen Kaiserreichs (Ludwig Dehio) bis zur Rolle der Bundesrepublik in der Europäischen Union nach dem Brexit. Die andere ist die Perzeptionsgeschichte des Spannungsverhältnisses zwischen deutschen Selbstwahrnehmungen und Außenwahrnehmungen von Deutschland. Was die Deutschen für ihr gutes Recht hielten, verstanden die anderen als deutsches Vormachtstreben und als Bedrohung. Der Vortrag möchte verschiedene historische Muster aufzeigen – und nach ihrer aktuellen Bedeutung fragen.

Andreas Rödder, geb. 1967, ist seit 2005 ordentlicher Professor für Neueste Geschichte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Geschichte und Germanistik in Bonn und Tübingen, wurde 1995 in Bonn mit einer Dissertation über „Julius Curtius und die deutsche Außenpolitik 1929–1931“ promoviert und habilitierte sich 2001 an der Universität Stuttgart mit einer Arbeit über die politische Kultur der britischen Konservativen 1846–1868. Er war Gastprofessor an der Brandeis University, Boston (Ma.) und an der London School of Economics.
Von Rödder erschienen u.a. der Oldenbourg Grundriss der Geschichte über Die Bundesrepublik Deutschland 1969–1990 (2004) sowie die Monografien Deutschland einig Vaterland. Die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung (2009) sowie 21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart (2015). Er ist u.a. Mitherausgeber der Historischen Zeitschrift und Mitglied des Fachkollegiums Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftlichen Leitung der Dokumente zur Deutschlandpolitik.

01
Feb
Ausstellung Podiumsdiskussion
Ausstellung: Bericht aus der belagerten Stadt Tschernihiw
Mehr lesen