Wie beeinflussen Bilder unsere Realität?

Fotos: Mindaugas Mikulėnas

Bilder wie Filme, Plakate, Zeitschriftencover und viele andere, sind mehr als reine Repräsentationen zeitgenössischer Realitäten. Sie sind Akteure des historischen Wandels. Die Geschichte visueller Kulturen in Zeiten politischer Umbrüche stand im Mittelpunkt des Montagsvortrags am 17. April in Vilnius. Magdalena Saryusz-Wolska, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DHI Warschau, gab den Zuhörerinnen und Zuhörern Antworten auf die Frage, wie Bilder die soziale Wirklichkeit zwischen in Deutschland um 1945 und in Polen um 1989 geprägt haben. Der Vortrag der DHIW-Außenstelle fand in der Historischen Fakultät der Universität Vilnius statt und wurde von Maria Drėmaitė moderiert.

Saryusz-Wolska präsentierte dem vollbesetzten Auditorium, wie kulturelle Bilder seit des pictorial turns in den frühen 1990er Jahren als Akteure des gesellschaftlichen Lebens erforscht werden. Sie erklärte, wie sie die Welt um sie herum widerspiegeln und formen. Einen Schwerpunkt legte sie darauf, welche Rolle Bilder bei der Gestaltung sozialer Realitäten und Vorstellungen von einer neuen „Normalität“ in Deutschland um 1945 und in Polen um 1989 spielten, und fragte danach, wie die visuelle Populärkultur diese Zeiten beeinflusste. Die empirische Basis des Vortrags bildeten populäre Bilder, die damals zu neuen Normen und Werten in beiden Gesellschaften führten.

Die Argumentation von Magdalena Saryusz-Wolska ermöglichte einen Einblick in die Geschichte der Bilder und deren historische Wirkung in Zeiten des Wandels. Gleichzeitig zeigte sie, wie Bilder und Werbung genutzt wurden, um ein Gefühl für eine bessere Zukunft zu schaffen. Laut der Wissenschaftlerin seien Bilder imstande gewesen, eine neue Normalität zu gestalten und die Zukunft zu projizieren. Zudem seien sie Agenten des Kapitalismus nach 1989 in Polen gewesen. Importierte westliche Bilder hätten den Blick erweitert, indem sie eine neue Realität präsentierten.

Zum Schluss des Vortrags wurde deutlich, dass den gesellschaftlichen Realitäten oft visuelle Diskurse vorausgehen. In der anschließenden Diskussion wurde diskutiert, wer Realität kreiert und welche Rolle Bilder in diesem Prozess spielen können. Im Folgenden wurde die Analyse der Normalisierung in Deutschland nach 1945 weiter vertieft, wobei die Vortragende auf Parallelen zu verschiedenen Besatzungszonen bis 1949 einging.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Bilder nach wie vor wichtige Quellen für die Geschichtswissenschaften darstellen, auch wenn nicht immer klar ist, wie Betrachter reagierten. Wie und warum sie für den öffentlichen Gebrauch ausgewählt und genutzt wurden, sollte daher in den Analysen ebenfalls Berücksichtigung finden.

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