Nachkriegsjustiz: Holocaust und Kriegsverbrecherprozesse in Sowjetlitauen

Bearbeiterin: Gintarė Malinauskaitė


Ziel des Forschungsprojekts ist eine Analyse der Kriegsverbrecherprozesse zum Zweiten Weltkrieg in der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik im Zeitraum 1944–1989, in denen die Verbrechen des Holocaust verhandelt wurden. Nach der Erlangung der litauischen Unabhängigkeit im Jahr 1990 wurde die Mehrzahl der Verurteilten von der litauischen Gesellschaft als Opfer des sowjetischen Justizsystems wahrgenommen und rehabilitiert. Im Rahmen des Projekts soll eine kritische Neubewertung der sowjetischen Gerichtsverfahren wegen Kriegsverbrechen in Sowjetlitauen vorgenommen werden. 

Zentrale These der Studie ist, dass sich der Gerichtssaal zu einem Ort der Erinnerung an den Holocaust entwickelte. Der methodische Ansatz fußt auf einer mikrohistorischen Analyse ausgewählter Gerichtsprozesse. Anhand von Prozessunterlagen und zeitgenössischen Presseveröffentlichungen soll das Verhalten der Prozessbeteiligten in den sowjetischen Gerichtsverfahren bzw. die mediale Performativität der Verfahren analysiert werden. Hierbei werden auch geschlechtsspezifische Fragen einbezogen: Inwiefern bildete sich bei der Medialisierung und Inszenierung von Gerichtsprozessen ein neues sowjetisches Männlichkeits- und Weiblichkeitsideal in den Gerichtsverfahren heraus bzw. wurde ein solches in diesen konstruiert? Das Forschungsvorhaben leistet einen Beitrag zur Beantwortung der Frage nach der Entstehung von Erinnerungsmustern an den Holocaust in sowjetischen Gerichtsprozessen und zeigt darüber hinaus den Zusammenhang zwischen Rechtsprechung, Medien, Erinnerungsbildung und Geschlechtskategorien in Sowjetlitauen auf.

01
Feb
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