Forschungsprofil
Das Deutsche Historische Institut Warschau erforscht die ostmitteleuropäische Geschichte im europäischen und globalen Kontext unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte. Es erfüllt eine Brückenfunktion für den Wissenstransfer zwischen östlichen und westlichen Regionen Europas und darüber hinaus. Institutionell befördert wird die regionale Ausrichtung durch die Außenstellen in Vilnius und Prag. Die historische Forschung am Institut ist interdisziplinär, um die komplexen historischen und kulturellen Verflechtungen der ostmitteleuropäischen Region vom Mittelalter bis zur Gegenwart zu analysieren. Die Forschungsschwerpunkte am Institut sind problemorientiert angelegt. So können die am Institut erarbeiteten Erkenntnisse in historische Wissensbestände transferiert werden, die über Ostmitteleuropa hinausgreifen.
Welches Gebiet Ostmitteleuropa umfasst, lässt sich nur jeweils historisch spezifisch beantworten und ist eher eine Frage von mental maps denn klar umrissener politischer Grenzlinien. So waren regionale Bezugspunkte für die Bewohner:innen Ostmitteleuropas oft (kultur)prägender als staatliche Gebilde. Vor diesem Hintergrund leistet die Forschung am DHI Warschau einen Beitrag zur Überwindung traditioneller nationaler Geschichtsschreibung.
Methodisch inspiriert sich die Forschung am DHI Warschau von einer kulturwissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft, die sich auf die Historisierung anthropologischer Grundkonstanten wie Gewalt, Raum, Mobilität oder Erinnerung konzentriert. Die Wissenschaftler:innen am Institut erforschen ferner spezifische Phänomene Ostmitteleuropas wie dessen Multikonfessionalität und Multiethnizität. Besondere Aufmerksamkeit verdient die dauerhafte Präsenz jüdischer Bevölkerung in der Region. Eine weitere Konstante ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit der deutschen Besatzung Polens, dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust sowie der Erinnerung an diese Ereignisse.
Durch die Situierung der Forschenden in Polen, Tschechien und Litauen trägt das DHI Warschau zum einen zur Umkehr der bis in die Gegenwart dominanten Richtung des Wissenstransfers bei und vermittelt wissenschaftliche Erkenntnisse zur ostmitteleuropäischen Geschichte in die deutsche und internationale Forschungslandschaft. Zum anderen ermöglicht es die lokale Verankerung des Instituts, eine Außenperspektive auf die deutsche Geschichte zu liefern. Die von ostmitteleuropäischen Standorten aus gewonnenen Erkenntnisse können dadurch der globalen Geschichtsschreibung neue Impulse geben. Das Institut arbeitet eng mit polnischen Einrichtungen zusammen, die sich mit ähnlichen Fragestellungen befassen, und strebt ausdrücklich entsprechende Kooperationen und damit verbundene Drittmittelprojekte an. Dabei nutzt das DHI Warschau seine drei Standorte, um einen produktiven und nachhaltigen wissenschaftlichen Austausch mit Historiker:innen in Polen und den angrenzenden Ländern zu gestalten.
Das DHI Warschau fördert in erster Linie Wissenschaftler:innen in der Postdoc-Phase, die ihre Projekte am Institut durchführen. Darüber hinaus vergibt das DHI Warschau regelmäßig Stipendien für Forschungsaufenthalte in Polen, Tschechien und Litauen sowie Praktika für Studierende. Die Institutsbibliothek steht auch externen Interessierten zur Verfügung. Sie umfasst Bestände zur Geschichte Ostmitteleuropas, allen voran internationale Literatur und Fachzeitschriften. Darüber hinaus bietet sie Zugang zu elektronischen Beständen aller Institute der Max Weber Stiftung, was sie von anderen Warschauer Bibliotheken unterscheidet.
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