Alltagsgeschichte im Zweiten Weltkrieg

Neue Forschungsperspektiven der Alltagsgeschichte während des Zweiten Weltkrieges standen im Zentrum des Nachwuchsworkshops, welchen das Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam mit der Universität Warschau, dem Deutschen Historischen Institut Warschau und dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaft (ZHF) organisiert hatte. Die Veranstaltung fand vom 27. bis 28. September am ZHF in Berlin statt und brachte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Polen und Litauen zusammen, die zu verschiedenen alltagsgeschichtlichen Themen forschen. Zweck der Zusammenkunft war die Diskussion bedeutender Texte aus dem alltagsgeschichtlichen Feld sowie die Vorstellung der aktuellen Forschungsprojekte.

Die wissenschaftliche Nachwuchsveranstaltung eröffnete Prof. Dr. Tatjana Tönsmeyer (Bergische Universität Wuppertal), die in ihrer Keynote neue Ansätze und Perspektiven zur historischen Erforschung des Zweiten Weltkrieges präsentierte. In Ihrem Vortrag betonte die Historikerin die bestehenden Forschungsdesiderate sowie den häufig fehlenden emotionalen Aspekt zur Kriegsgeschichte. Der zweite Workshoptag begann mit einem Beitrag von Prof. Dr. Jerzy Kochanowski (Universität Warschau) über die Überlebensstrategien der polnischen Gesellschaft während der Besatzungszeit.

Anschließend stellten die Doktorandinnen Justyna Majewska und Maria Ferenc Piotrowska ihre Forschungen zum Warschauer Ghetto vor. Majewska erläuterte anhand einiger Materialien aus dem Ringelblum-Archiv, welche Zukunftsvisionen jüdische Intellektuelle im Warschauer Ghetto über das Nachkriegsleben in Polen und Palästina entwickelten, während Ferenc Piotrowska über die Bedeutung und Wirkung der Informationszirkulation im polnischen Ghetto referierte. Mit dem ersten Forschungsprojekt zur Alltagsgeschichte während des Zweiten Weltkrieges in Litauen präsentierte Mantas Šikšnianas aus Vilnius seine Forschungsergebnisse zur Alltagsgeschichte im deutschbesetzten Litauen. Nachfolgend analysierte Judith Vöcker die Kriminalität und juristische Verfolgung der Juden in den Ghettos von Warschau und Krakau und Martin Borkowski-Saruhan thematisierte die Wechselbeziehung zwischen Sport, Gewalt und Alltag im deutschbesetzten Ostoberschlesien.
Der Workshop schloss mit einer Präsentation über die akustischen Kriegserfahrungen von Juden in den Ghettos und Konzentrationslagern (Janina Wurbs) und einem Beitrag über das Nachkriegsleben der Kriegskinder in Polen (Jakub Gałęzowski).

Anregende Diskussionen zeigten die sowohl theoretisch als auch methodologisch unterschiedlichen Zugänge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Untersuchung des alltäglichen Lebens während des Zweiten Weltkriegs. Die Vielfalt der vorgestellten Forschungsprojekte bot somit einen hochinteressanten Einblick in die aktuellen Forschungsergebnisse der Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zur Alltagsgeschichte in Deutschland, Polen und Litauen.

Fotos: ZHF Berlin & Herder-Institut Marburg

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