Dr. Sandra Dahlke (Moskau): Das Religiöse und das Weltliche in autobiographischen Texten adliger Damen im Russland des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts

Vortrag

Mon. 29.03.2021 | 16:00 o' clock
online

Am Beispiel von autobiographischen Texten adliger Damen geht der Vortrag den Bedeutungen nach, die das Religiöse und die Sphäre des Kirchlichen für das Leben adliger Frauen im Russischen Reich des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts hatten. Im Zentrum stehen die Erinnerungen Elizaveta Naryshkinas (1838-1928) und die Aufzeichnungen Praskov‘ija Rozens (1825-1898). Beide Frauen standen in enger Verbindung zum kaiserlichen Hof und verfügten über einen erheblichen Einfluss. Daher soll insbesondere danach gefragt werden, auf welchen Ebenen die Bereiche des Kirchlichen/Religiösen und des Gesellschaftlichen/Politischen miteinander interferierten.

Die Texte beider Frauen sind Teil eines autobiographischen Booms, der mit der Periode der Großen Reformen einsetzte. Sie sind eine Reaktion auf den teilweise schmerzlichen Eindruck des Verlusts der „alten Zeit“, aber auch ein dynamisches Experimentierfeld für neue Identitäten. Sie können als exemplarisch für die Denk- und Vorstellungswelt, für die Welt- und Selbstwahrnehmung sowie für die Möglichkeitsräume und Ambitionen hochadliger Damen in einer Zeit gelesen werden, die nicht nur durch gravierende Umbrüche gekennzeichnet war, sondern die das Ende der ihnen vertrauten Gesellschaftsform einläutete.

Sandra Dahlke ist Direktorin des Deutschen Historischen Instituts Moskau. Sie wurde an der Universität Hamburg mit der Arbeit „Individuum und Herrschaft im Stalinismus. Emel’jan Jaroslavskij (1878-1943)“ (München 2010) promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschichte des Russischen Reichs und der Sowjetunion. In diesem Rahmen interessiert sich insbesondere für biographisches und autobiografisches Schreiben in Bezug auf Ideologie bzw. Religion, für die Funktionsmechanismen von Herrschaft sowie für die Praktiken von Recht und Justiz. Derzeit arbeitet Sie an einer Mikrogeschichte eines der spektakulärsten Strafprozesse im Russischen Reich (1874), dem Prozess gegen die Äbtissin Mitrofanija (Baroness Praskov‘ija Rozen).

 

Titel: Äbtissinnen, Hofdamen und Unternehmerinnen: das Religiöse und das Weltliche in autobiographischen Texten adliger Damen im Russland des späten 19.  und des frühen 20. Jahrhunderts

Sprache: Deutsch
Beginn: 16 Uhr (deutsche Zeit) / 17 Uhr (litauische Zeit)

Der Vortrag wird gemeinsam mit unserer Außenstelle Vilnius organisiert und findet online über die Plattform Zoom statt. Informationen zur Teilnahme finden Sie zu gegebener Zeit auf dieser Seite.

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