Das politische Bewusstsein des litauischen Adels In der internationalen Forschung wurde die Rolle des litauischen Adels im frühen 19. Jahrhundert, also kurz nach den Teilungen der polnisch-litauischen Adelsrepublik, bisher wenig berücksichtigt. In Litauen konnte dieses Thema während des wechselhaften 20. Jahrhunderts kaum behandelt werden. Die aus Litauen stammende Historikerin Halina Beresnevičiūtė-Nosálová fragt danach, wie sich die politische Kultur in Litauen nach der Inkorporation der Gebiete in das russische Imperium veränderte.
In der vorliegenden, im Original 1999 erschienenen Studie zeigt sie auf, welche Veränderungen sich im politischen Bewusstsein der litauischen Oberschicht in den ersten drei Jahrzehnten der
Abhängigkeit vom russischen Zaren vollzogen haben. Dafür wählt sie einen literarischen Ausgangspunkt und beschreibt den historischen Kontext der populären politischen Kultur, in der Adam Mickiewicz seine Poeme „Grażyna" (1823) und „Konrad Wallenrod" (1828) verfasste. Diese Werke werden als Manifeste des Aufstands bezeichnet.
Die Autorin geht von der These aus, dass sich während der ersten drei Dekaden des 19. Jahrhunderts im politischen Bewusstsein des litauischen Adels ein starkes Gebot der Priorität der Nation innerhalb der Hierarchie der politischen Werte herausgebildet habe, das fortan den Bruch mit allen anderen Loyalitäten legitimierte. Fußend auf Egodokumenten, politischen Schriften, Dichtungen und der zeitgenössischen Wilnaer Presse rekonstruiert, beschreibt und erläutert Beresnevičiutė-Nosálová den Wandel des politischen Bewusstseins unter dem litauischen Adel sowie seine Visionen, wobei sie vor allem Wert auf die Analyse der zeitgenössischen politischen Rhetorik legt.