Kontroverse deutsch-polnische Kulturbeziehungen 1934-1939

In der Reihe „Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Institut Warschau“ ist die innovative Studie „Befohlene Freundschaft. Die deutsch-polnischen Kulturbeziehungen in den Jahren 1934-1939“ erschienen.

Die im fibre-Verlag veröffentliche Monographie, geht auf eine im Jahr 2009 an der  Universität  Freiburg vorgelegte Dissertation zurück. Im Mittelpunkt stehen die unter Historikern und in der Öffentlichkeit als kontrovers angesehen deutsch-polnischen Kulturbeziehungen der Jahre 1934-1939. Die deutsch-polnische Annäherung in den Jahren 1934-1939 war Resultat der Nichtangriffserklärung vom 26. Januar 1934. In der bisherigen Forschung zum Thema dieser überraschenden, erzwungen erscheinenden  politischen Einigung wurden vorwiegend außenpolitische Aspekte herausgestellt. Die Studie Karina Pryts, die in Warschau und Freiburg studierte, konzentriert sich dagegen gezielt auf den bilateralen Kulturaustausch und auf die Wahrnehmung der „befohlenen Freundschaft“ in den betroffenen Gesellschaften. In diesem Kontext werden auch deutsche Polenbilder und polnische Deutschenbilder seit dem 18. Jahrhundert bis in die Zwischenkriegszeit analysiert. Der Schwerpunkt der Analyse des Kulturaustausches liegt im Bereich Theater, Film, Musik, Ausstellungsprojekten sowie in den Aktivitäten der bilateralen Institutionen (Die Polnisch-Deutsche Gesellschaft in Warschau, Die deutsch-polnische Gesellschaft in Berlin)

Die 2003 mit dem Gerhard Ritter-Preis ausgezeichnete Autorin vertritt die These, dass die fünfjährige  „Verständigungskampagne“ nicht nur als „Täuschungsmanöver“ Hitlers gedeutet werden sollte, sondern, dass beide Seiten von den intensiven Kulturkontakten konkrete Resultate im Bereich von Pressearbeit und Propaganda erwarteten: Die nationalsozialistische Führung erhoffte sich von den kulturpolitischen Maßnahmen Polen als „jüngeren“ Partner in das antisowjetische Bündnis hineinzuziehen. Außerdem sollten die entsprechenden Maßnahmen das Nachbarland ideologisch unterwandern und allmählich Berlin unterordnen sowie den Weg für die geplante wirtschaftliche, politische und kulturelle deutsche Hegemonie im Osten ebnen. Für die polnische auswärtige Kulturpolitik galt es wiederum die Gunst des Augenblicks zu nutzen und sich in Deutschland mit einem interessanten Kulturangebot als eine dem west-europäischen Kulturkreis angehörende Nation zu präsentieren. Einschlägige Aktivitäten sollten den Polen Respekt bei Nationalsozialisten eintragen und das nach 1919 geprägte Stereotyp von Polen als einem „Saisonstaat“ aus der Welt schaffen.

Karina Pryt: Befohlene Freundschaft. Die deutsch-polnischen Kulturbeziehungen 1934-1939 [Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts in Warschau, Band 22], Osnabrück 2010, 517 S., EUR 35,- ISBN  978-3-938400-53-1

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Apr
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