Prof. dr hab. Thomas Maissen (DHI Paris): Polonia und ihre Schwestern. Die Personifikation des Gemeinwesens in der Vormoderne

Wykład

wto. 19.03.2024 | 18:00
Warszawa

Mikolaj Rejs Rzeczpospolita von 1562 und Stanisław Orzechowskis Quincunx von 1564 lieferten die frühesten bildlichen Belege einer polnischen Nationalallegorie. Als Polonia trat sie in eine Staatenwelt ein, die sich zunehmend über solche Personifikationen repräsentierte. Deren Wurzeln waren einerseits antik-heidnisch, nämlich die Darstellung von Roma und ihren Provinzen; und andererseits christlich, insofern sie die bildliche Darstellung von Christus zu seiner Braut Ecclesia/Maria säkularisierten. Deren Verhältnis ließ sich auf einen Bischof oder den Papst und ihre jeweilige (Welt‑)Kirche übertragen, aber auch auf den Fürsten mit seinem Gemeinwesen. Wie sie abgebildet wurden, gab Auskunft über die jeweilige politische Verfassung ebenso wie über konkrete politische Anliegen der Künstler und ihrer Auftraggeber. Wie Venetia oder Hollandia war Polonia besonders interessant, weil das männliche Haupt in dieser politischen Ehe vergleichsweise schwach und oft gar nicht abgebildet war. Was bedeutete dies für die Personifikation und die von ihnen repräsentierte Verfassungsordnung? Ab wann und wie stellte sie sich in einem Ensemble von konkurrierenden, manchmal paktierenden und manchmal sich bekriegenden Staaten dar? Wen genau stellten diese Personfikationen dar: das Land, die Nation, das Volk? An wen richteten sie sich – an ein Publikum von Analphabeten; an Interpreten, die Allegorien kundig zu deuten verstanden; oder gar an Gelehrte, die über Personifikationen die politische Theorie erneuerten? Und nicht zuletzt: Wie veränderte sich diese Bildersprache vom Spätmittelalter bis ins Zeitalter der Aufklärung und Revolutionen, als im Gefolge von Marianne die Personifikationen neue Inhalte aufnahmen.

Thomas Maissen wurde nach Studien in Basel, Rom, Neapel und Paris1994 in Basel promoviert. Nach einer Assistentenstelle in Potsdam wurde er 2002 in Zürich habilitiert, mit der preisgekrönten Studie Die Geburt der Republic. Staatsverständnis und Repräsentation in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft (Göttingen 2006). Von 2002 bis 2004 hatte er eine Assistenzprofessur in Luzern inne. Seit 2004 ist er ordentlicher Professor für Neuere Geschichte an der Universität Heidelberg und seit 2006 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Maissen war Gründer und erster Direktor (2007-2012) der Heidelberger Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften (HGGS). Er richtete einen gemeinsamen Masterstudiengang Geschichte mit der EHESS Paris ein und leitete diesen bis 2013. Ab 2008 war er in den Leitungsgremien des Heidelberger Exzellenzclusters "Asien und Europa" und wirkte zuletzt als einer der drei Co-Direktoren des Clusters. Von September 2013 bis August 2023 leitete Maissen das Deutsche Historische Institut in Paris, wo er einen Forschungsschwerpunkt zu und in Afrika aufgebaut hat. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der politischen Ideen und ihrer visuellen Repräsentation sowie die Geschichte der Schweiz, der Geschichtsschreibung, der Religion und der Mentalitäten.

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