Wie beeinflussen Diplomaten die deutsch-polnischen Beziehungen?

Di. 29.10.2024 | 13:20 Uhr

Welchen Einfluss haben Diplomaten auf die deutsch-polnischen Beziehungen? Wer waren die deutschen Diplomaten in Polen in den 1920er- und 1930er-Jahren? Das untersucht Alona Bilokon. Die ukrainische Historikerin absolviert derzeit ein Stipendium am DHI Warschau. Wir haben sie zu ihren Erfahrungen befragt.

Wie haben Sie vom DHI Warschau und von unserer Stipendienausschreibung erfahren?

Ich habe über die Existenz des DHI Warschau durch meine akademischen Netzwerke in der Ukraine erfahren. Zudem verfolge ich regelmäßig Ausschreibungen von internationalen Forschungseinrichtungen. Und als ich von dieser Möglichkeit hörte, habe ich sofort großes Interesse entwickelt, weil das DHIW in meinem Forschungsbereich einen hervorragenden Ruf hat.

Was bedeutet es für Sie, in dieser Kriegszeit ein Stipendium im Ausland absolvieren zu können?

In diesen schwierigen Zeiten ist es für mich ein besonderes Privileg und eine wichtige Gelegenheit, auf einen Stipendienaufenthalt fahren zu können. Es bedeutet für mich nicht nur eine Möglichkeit, meine Forschung weiterzuführen, sondern auch einen Moment der Konzentration auf mein wissenschaftliches Vorhaben. Ich sehe diese Zeit als wertvolle Chance, neue Impulse zu erhalten, Kontakte zu knüpfen und meine Forschung unter stabileren Bedingungen voranzubringen.

Zu welchem Thema forschen Sie bei uns?

Mein Thema lautet “Die deutschen Diplomaten in Polen in den 1920er- und 1930er-Jahren und ihr Einfluss auf die deutsch-polnischen Beziehungen: Eine prosopographische Untersuchung”. Das Hauptziel dieses Projekts ist es, eine prosopographische Untersuchung der Biografien der deutschen Diplomaten in Polen in den 1920er- und 1930er-Jahren durchzuführen, um den Einfluss dieser Diplomaten auf die deutsch-polnischen Beziehungen zu analysieren. Dabei werden berufliche und persönliche Biografien von Diplomaten untersucht, um besser zu verstehen, wie ihre Hintergründe, Ausbildung und Karrierewege ihre diplomatische Tätigkeit sowie die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen beeinflussten. Meine Forschungsfrage konzentriert sich darauf, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Biografien der Diplomaten zu finden sind und wie ihre diplomatischen Tätigkeiten die deutsch-polnischen Beziehungen prägten.

Die wichtigste Quellengrundlage zur Ermittlung der Lebensläufe der hier betrachteten Diplomaten sind die Biografien aus dem Biographischen Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945 in fünf Bänden, das in der Bibliothek des DHI in Warschau erhältlich ist, sowie Materialien des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes in Berlin. Das Polnische Staatsarchiv, das Centralne Archiwum Wojskowe, die Polnische Nationalbibliothek sowie die Bibliothek des DHI bieten ebenfalls relevante Materialien zu den Biografien der Diplomaten sowie zu den deutsch-polnischen Beziehungen und zur deutschen Außenpolitik in den 1930er-Jahren.

Die Bibliothek des DHI Warschau bietet eine beeindruckende Sammlung, die zahlreiche relevante Werke zu meinem Forschungsthema umfasst. Besonders wertvoll ist, dass viele Bücher sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfügbar sind, was die Recherche erheblich erleichtert. Der Bibliothekar war äußerst hilfsbereit, führte mich durch die Bibliothek und stand mir bei jeder Frage mit Rat und Tat zur Seite. Auf diese Weise bietet mir das DHI Warschau  hierbei die ideale Umgebung, um auf relevante Archive und Bibliotheken zuzugreifen sowie den Austausch mit Experten in meinem Bereich zu intensivieren.

Sie haben Ihren Forschungsansatz bei uns im Kolloquium vorgestellt. Dabei haben Sie sich viel notiert. Wie produktiv war das Kolloquium für Sie?

Das Kolloquium war für mich äußerst produktiv. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden haben mir neue Perspektiven auf meine Arbeit eröffnet, und die kritischen Diskussionen haben mir geholfen, einige meiner Ansätze zu schärfen. Insbesondere habe ich wertvolle Anregungen dazu erhalten, wie ich bestimmte methodische Fragestellungen weiterentwickeln kann. Die Notizen, die ich gemacht habe, werden mich sicherlich bei den nächsten Schritten meiner Forschung begleiten. Außerdem war die akademische Betreuung durch Dr. Bartosz Dziewanowski-Stefańczyk  äußerst wertvoll für meine Arbeit. Bereits vor meiner Ankunft am DHI haben wir uns per Zoom ausgetauscht, und er gab mir hilfreiche Tipps, wo ich passende Literatur finden kann. Zudem hat er mein Paper gründlich kommentiert, was mir nicht nur geholfen hat, meine Gedanken klarer zu strukturieren, sondern auch neue Ideen und Ansätze für meine Forschung zu entwickeln.

Welche Anregungen und Ideen nehmen Sie von diesem Aufenthalt mit zurück in die Ukraine?

Von meinem Aufenthalt nehme ich eine Fülle an neuen Anregungen mit. Der Austausch mit anderen Wissenschaftlern am DHI hat mir nicht nur neue Einsichten in mein Forschungsthema gegeben, sondern auch gezeigt, wie ich meine Arbeit international vernetzen kann. Die methodischen und inhaltlichen Impulse, die ich hier bekommen habe, werden meine Arbeit in den kommenden Monaten prägen. Zudem war der Aufenthalt eine persönliche Bereicherung, da ich mich in einer internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft weiterentwickeln konnte.

Ich möchte dem DHI Warschau und dem gesamten Team meinen herzlichsten Dank aussprechen für die wunderbare Möglichkeit, hier forschen und mich austauschen zu dürfen. Alle Mitarbeitenden waren unglaublich nett und stets bereit, mich zu unterstützen, was meinen Aufenthalt besonders bereichernd gemacht hat. Die Zusammenarbeit und das offene Arbeitsklima haben meine Forschung und meinen persönlichen Fortschritt maßgeblich gefördert.

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