Konferenz "Schweden in Mitteleuropa: Auswirkungen, Nachwirkungen, Erinnerungen"

Nur wenige Orte in Mitteleuropa erscheinen im Kontext der regionalen Verflechtungen so „geschichtsträchtig“wie Lützen im südöstlichen Sachsen-Anhalt: eine Stadt, in deren Nähe im November 1632 eine der wichtigsten Schlachten des Dreißigjährigen Krieges stattfand. Im Kampf zwischen den schwedischen und den von Albrecht von Wallenstein angeführten kaiserlichen Truppen fiel König Gustav II. Adolf, die zentrale Figur des schwedischen Erinnerungspantheons und zugleich eine der wichtigsten Personen des deutschen protestantischen Geschichtsdiskurses. Entsprechend entwickelte sich Lützen zu einem bedeutenden schwedischen und finnischen sowie protestantischen Erinnerungs- und Pilgerort und in der Folge zu einem internationalen Tourismusmagneten.

Die Verflechtungen zwischen der Ereignisgeschichte der Frühen Neuzeit, den Auswirkungen der schwedischen Präsenz in Mitteleuropa – nicht nur im Dreißigjährigen Krieg – und der modernen Geschichtskultur in verschieden nationalen, regionalen, lokalen und konfessionellen Kontexten waren Gegenstand einer internationalen Tagung, die das Deutsche Historische Institut Warschau, das Museum Lützen und die Stiftung Lützenfonden aus Göteborg vom 6. bis 8. Juni 2018 im historischen Ratssaal des Lützener Rathauses organisierten.

Referentinnen und Referenten aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden und Tschechien diskutierten über die historischen Umstände und die Folgen der schwedischen Präsenz in der mitteleuropäischen Region zwischen Baltikum, Mähren und Südwestdeutschland sowie über die Interdependenzen zwischen dieser Region und Schweden vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. Sie beschäftigten sich dabei vor allem mit den Übergängen zwischen der Geschichte „ersten“ und „zweiten Grades“, mit dem funktionalen Wandel des „schwedischen Erbes“ im Zuge der historischen Wandlungen der Moderne sowie mit den regionalen und nationalen Ausprägungen der mit Schweden verknüpften Erinnerung und des Geschichtsgebrauchs einschließlich der „Touristifizierung“ und des regionalen Marketings der Gegenwart. Bis heute zeigen sich bisweilen tiefe Differenzen in der Art und Weise, wie „die Schweden“ einerseits in den nationalen und andererseits in regionalen und lokalen Geschichtsnarrativen und Traditionen verankert sind.

Den in Lützen versammelten Forschern gelang es, einen Bogen zwischen der Frühneuzeit und der Moderne/Gegenwart zu schlagen. Zu den Höhepunkten der Tagung gehörte der Abendvortrag von Michael North (Greifswald) über die Verflechtung der kulturellen Entwicklung diverser Regionen im Norden, Osten und Süden der Ostsee als langfristige Folge der schwedischen Imperiumsbildung vom 16. bis 18. Jahrhundert. Die Tagungsteilnehmer hatten auch die Möglichkeit, sich eingehend mit der Gestaltung der Gustav-Adolf-Gedenkstätte sowie der Dauerausstellung des Museums im Schloss Lützen vertraut zu machen.

Die Konferenz wurde in losem Zusammenhang mit dem diesjährigen 400. Jahrestag des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges organisiert. Zugleich knüpfte sie an zwei vom DHI Warschau mitgestaltete Tagungen des Jahres 2017 in Danzig an, bei denen die frühneuzeitlichen und modernen Verflechtungen in der Ostseeregion Thema gewesen waren: eine Konferenz über Adel und transregionale Kulturformen im Preußenland und anderen Regionen sowie ein Symposium zur Reformation an der Ostsee.

24
Apr
Tagung
Longue duree der Regionalitäten
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