Die erste tschechoslowakische Republik, die 2018 das hundertjährige Jubiläum ihrer Gründung feierte, war nicht nur ein multiethnischer Staat, sondern durch die Vielzahl der dort entstandenen tschechischen, slowakischen, deutschen, russischen, ukrainischen, ungarischen und polnischen Literaturwerke auch ein multilingualer und kulturell äußerst heterogener Ort.
Im Rahmen einer Abendveranstaltung in der DHIW-Außenstelle in Prag referierten zwei der Herausgeber, Dr. Petr Šámal und Dr. Václav Petrbok, beide wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für böhmische Literatur, ausführlich über die 21 Kapitel ihrer Publikation zur Literatur- und Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit, die auf große Resonanz in der tschechischen Öffentlichkeit stieß. Das Werk trägt den Titel "Literární kronika první republiky [Literarische Chronik der ersten tschechoslowakischen Republik].
Die Literatur in der Republik sei, so die Autoren, in einem sozialen Milieu entstanden, das unter dem Einfluss diverser Autor/innen, Verleger/innen, Übersetzer/innen, Graphiker/innen, Kritiker/innen sowie Leserinnen und Leser gestanden habe. Die damalige Literaturszene war zudem durch Innovationen und politische Provokationen der künstlichen Avantgarde sowie Einflüsse internationaler Bestseller und Produkte der Popkultur geprägt. Bei der wissenschaftlichen Erforschung zentraleuropäischer Literatur sei daher der Einbezug des historischen Kontexts von erheblicher Bedeutung. Was aus heutiger Perspektive als literarisches Meisterwerk gelte und als solches die Seiten von Lehrbüchern fülle, habe seiner Zeit möglicherweise am Rande der öffentlichen Aufmerksamkeit gestanden. Und auch umgekehrt: Viele der damals verherrlichten Schriftsteller gerieten im Laufe eines Jahrhunderts in Vergessenheit.
Die Veranstaltung fand am 03. Dezember 2018 in Kooperation mit dem Institut für böhmische Literatur der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik und dem Collegium Carolinum München statt.
Literarische Chronik der ersten tschechoslowakischen Republik
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