In seinem Vortrag zum Thema „Nationale Bewegung und transkulturelle Identität im Schaffen jüdischer Komponisten des 20. Jahrhunderts“ schilderte er die Versuche in unterschiedlichen europäischen Gesellschaften, eine jüdische nationale Schule in der Kunstmusik zu etablieren. Dabei zeigte er anhand der Lebenswege verschiedener Komponisten wie z.B. Joseph Achron und Aleksandr Veprik auf, wie eng das jüdische Musikleben etwa von Berlin, Warschau und St. Petersburg bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs vernetzt war. In allen mittel- und osteuropäischen Musikmetropolen entdeckten jüdische Musiker und Komponisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts jiddische Volkslieder, sammelten diese und übertrugen sie in einen modernen, nicht religiösen Kontext. Diese Suche nach einem musikalischen Nationalstil nach dem Vorbild der europäischen nationalen Komponistenschulen, die zugleich auch Ausdruck der Suche nach einem säkularen Verständnis von Judentum war, ging im Holocaust fast vollständig unter: „Das Publikum wurde ermordet, die Bühnen zerstört, und viele Komponisten kamen selbst ums Leben,“ so Nemtsov. Er verwies aber auch darauf, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die Beschäftigung mit jüdischen Musiktraditionen in der Kunstmusik weiterging, etwa in den Werken des amerikanischen Komponisten Leonard Bernstein.
Dienstagsvortrag von Jascha Nemtsov: Nationale Bewegung und transkulturelle Identität im Schaffen jüdischer Komponisten
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