Der Hochmeisterpalast auf der Marienburg – die modernste Fürstenresidenz ihrer Zeit

© M. Mikuleno

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Die Geschichte des Hochmeisterpalastes auf der Marienburg, der zwischen 1331 und 1457 als Residenz für das Oberhaupt des Deutschen Ordens diente, stand im Fokus des Montagsvortrags am 23. September.

Im Rahmen der Herbstreihe, die von der DHIW-Außenstelle Vilnius in Zusammenarbeit mit der Universität Vilnius und mit den Litauischen Historischen Institut geplant wurde, präsentierte Prof. Dr. Christofer Herrmann die Baugeschichte des Palasts, der in Europa zu den herausragenden und modernsten Bauten seiner Zeit zählt. In seiner reich bebilderten Darbietung zeichnete er den historischen Kontext der Baugeschichte nach und präsentierte einen kulturhistorischen Überblick der Palastgeschichte. Dabei betonte er, der Hochmeisterpalast habe sich grundlegend von den übrigen Bauten im Ordensland unterschieden. Laut seiner Forschungen könne er gar als Fremdkörper in der Architekturlandschaft Preußens betrachtet werden.

Darüber hinaus präsentierte der Professor für Architekturgeschichte die modernen Elemente des herrschaftlichen Wohnbaus, anhand derer sich eine deutliche Tendenz zur Steigerung des Wohnkomforts feststellen lasse. Als Beispiel nannte er das System der Warmluftheizung, an welches alle Repräsentationsräume und Stuben des Hochmeisters angeschlossen gewesen seien. Außerdem hätten sich im Hauptflur jedes Geschosses ein Brunnenschacht zur Wasserversorgung sowie bequem zugängliche Toiletten befunden.

Im weiteren Verlauf schilderte Herrmann die drei Hauptfunktionen des Palasts: Das Gebäude habe nicht nur als Wohnort fungiert, sondern wurde auch zu Repräsentationszwecken genutzt. Außerdem sei auch die Kanzlei des Fürsten an diesem Ort untergebracht gewesen. Die Funktionen seien dabei strikt auf die verschiedenen Geschosse des Palasts verteilt gewesen, so der Historiker. Oben hätten sich die Repräsentationsräume und die Wohnung des Hochmeisters befunden, in den unteren Geschossen die Kanzlei. Diese Aufteilung repräsentiere die mittelalterliche Hierarchie und Rangordnung in der Residenzarchitektur der Zeit. Gleichzeitig, betonte Herrmann, habe sich der Hochmeister durch den architektonischen Charakter seines Palasts von der glänzenden Hofkultur Europas distanziert.

Einen weiteren zentralen Teil des Vortrags nahm die europäische Vergleichsperspektive ein. Herrmann argumentierte, es hätten sich keine direkten Vorbilder für den Hochmeisterpalast ausfindig machen lassen. Lediglich beim Papstpalast in Avignon und dem Dogenpalast in Venedig seien vergleichbare architektonische Anforderungen zu finden.

Abschließend argumentierte der Vortragende, dass die Architekturgeschichte keine trockene Wissenschaft sei, sondern uns vielmehr Türen für das Verständnis vergangener Epochen und Menschen öffnen könne. Auch die anregende Diskussion mit dem Publikum rückte die Baugeschichte des Palasts ins Zentrum. Die litauischen Bezüge zur Palastgeschichte und die Frage danach, ob sich die Architektur des Hochmeisterpalasts mit den litauischen Kurfürstenresidenzen dieser Zeit vergleichen lasse, waren dabei von besonderem Interesse.

24
Apr
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