Prof. Xosé M. Núñez Seixas (Santiago de Compostela): Europäische Erinnerungskulturen an die Ostfront 1945-2023: Ein Vergleich

Vortrag

Di. 20.02.2024 | 18:00 Uhr
Warschau

Der deutsch-sowjetische Krieg (1941-45) war in vielerlei Hinsicht ein gesamteuropäisches und globales Phänomen, sowohl wegen der hohen Zahlen an Toten und materiellen Zerstörungen, die er mit sich brachte, als auch wegen seiner entscheidenden Bedeutung für den Ausgang des Zweiten Weltkrieges. An den Kampfhandlungen beteiligten sich Soldaten aus Westeuropa und sogar aus Asien - von portugiesischen Freiwilligen, die in der spanischen Blauen Division dienten, bis hin zu Koreanern aus Sibirien. Die Ostfront war ein mythischer Erinnerungsort, der unterschiedliche Kriegserfahrungen und Kriegsschauplätze beinhaltete. Dies trug dazu bei, dass bestimmte Schlachten, wie die Belagerung Leningrads, der Kampf um Stalingrad, oder die Schlacht von Berlin, einen globalen Widerhall fanden. Gleichzeitig war die Ostfront der Schauplatz grausamer Kriegsverbrechen, Massentötungen und nicht zuletzt des Holocaust.

Dieser Vortrag, der auf dem Buch Return to Stalingrad? European Memories of the Eastern Front (Bloomsbury, 2024; spanische Ausgabe Galaxia Gutenberg, 2022) beruht, wird anhand von unterschiedlichen Quellen (Denkmäler, Filme und Romane, Gedenkfeiern, Populärkultur) einen gesamteuropäischen Blick auf die unterschiedlichen Erinnerungskulturen in Bezug auf die Ostfront richten. Besonders berücksichtigt wird deren Entwickung in Deutschland (DDR und BDR, seit 1990 die "Berliner Republik"), in der USSdR und nach 1991 in der russländische Föderation, in den postsowjetischen Staaten (insbesondere die Ukraine und die baltischen Staaten), in Finnland und in den "mediterranen" Erinnerungskulturen an die Ostfront in Italien und Spanien. Im Zentrum steht somit die Frage, ob die Ostfront (und damit ihre unterschiedlichen Benennungen, wie Russlandfeldzug, deutsch-sowjetischer Krieg oder Großer Patriotischer Krieg) einen gemeinsamen und geteilten Erinnerungsort der europäischen Kriegserinnerungskultur darstellt, oder ob die Ostfront eher als eine Gesamtbezeichnung gelten muss. Als eine, die zwar einige populäre Gedächtnisorte beinhaltet, deren Wahrnehmung und Bedeutung jedoch für die diversen Erinnerungskulturen Europas völlig unterschiedlich ist, worauf z.B. die verschiedenen Interpretationen der Schlacht von Stalingrad in der Literatur und im Kino hinweisen.

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