Prof. Dr. Thomas Wünsch: Religiöse Grundlagen des Politischen. Das Beispiel Polen-Litauens in jagiellonischer Zeit

Vortrag

Mi. 08.10.2008 | 18:00 -
Mi. 08.10.2008 | 20:00 Uhr
Warschau

Zusammenfassung:

Ziel des Vortrags ist es herauszufinden, welche Faktoren verantwortlich dafür waren, daß sich in Polen-Litauen ein “Staat vieler Konfessionen und Religionen” (“Rzeczpospolita wielu wyznań”) herausbilden konnte – und dies in einer Zeit, in der Religionskriege die europäische Staatenwelt erschütterten. Die hier vorgetragene These besagt, daß Religion selbst einen entscheidenden Anteil daran hatte. Mit Unterstützung aus der Religionswissenschaft (Emile Durkheim) und einer historischen Religionswissenschaft (Richard van Dülmen) bestehen gute Chancen für eine neue Interpretation historischer Phänomene. Das methodische Instrument, das die Kohäsionskräfte im Jagiellonischen Polen-Litauen herausstellen soll, ist ein Assimiliationsmodell (im religiösen Bereich). Um die Phänomene religiösen Pluralismus richtig einordnen zu können, bedarf es einer erweiterten Perspektive im Sinne der neueren Kulturgeschichte. Anleihen können bei der “Systemtheorie” eines Niklas Luhmann genommen werden, aber auch bei der Anthropologie, wie sie Clifford Geertz vorgestellt hat. Am Ende könnte die “Jagiellonische Idee”, die Oskar Halecki in der Verfassungsgeschichte gesucht hat, in der Religionsgeschichte zu finden sein.

Vita:

  • 1984-88 Studium der Geschichte und Slawistik an der Universität Regensburg
  • Magisterarbeit zur jüdischen „Haskalah“ in Polen und Litauen im 18. Jahrhundert
  • 1991 Promotion an der Univ. Regensburg mit einer Arbeit zur allegorischen Bibelinterpretation des Petrus Damiani im 11. Jahrhundert
  • 1991-94 Historiker bei der „Stiftung Haus Oberschlesien“ in Ratingen
  • Assistent an der Universität Konstanz
  • 1998 Habilitation zum Konziliarismus in Polen und Europa während des 15. Jahrhunderts
  • Seit 2003 Ordinarius für Geschichte Osteuropas an der Universität Passau, mit Forschungsschwerpunkten in der polnischen, ruthenischen und tschechischen Geschichte
  • Funktionen: Vorstandsmitglied der Historischen Kommission für Schlesien, Mitglied des „J.G. Herder-Forschungsrats“, Mitherausgeber der „Zeitschrift für Ostforschung“, Zweigstellenleiter der „Südosteuropa-Gesellschaft“

Auswahl aus den Buchpublikationen:

  • Konziliarismus und Polen. Personen, Politik und Programme aus Polen zur Verfassungsfrage der Kirche in der Zeit der mittelalterlichen Reformkonzilien (Konziliengeschichte, Reihe B: Untersuchungen, Paderborn 1998)
  • Hrsg.: Stadtgeschichte Oberschlesiens. Studien zur städtischen Entwicklung und Kultur einer ostmitteleuropäischen Region vom Mittelalter bis zum Vorabend der Industrialisierung (Tagungsreihe der Stiftung Haus Oberschlesien 5, Berlin 1995)
  • Hrsg.: Das Reich und Polen. Parallelen, Interaktionen und Formen der Akkulturation im hohen und späten Mittelalter (Vorträge und Forschungen 59, Ostfildern 2003)
  • Mitherausgeber: On the Frontier of Latin Europe: Integration and Segregation in Red Ruthenia, 1350-1600 / An der Grenze des lateinischen Europa. Integration und Segregation in Rotreußen, 1350-1600, zus. mit Andrzej Janeczek (Warsaw 2004)
  • Hrsg.: Religion und Magie in Ostmitteleuropa. Spielräume theologischer Normierungsprozesse in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Religions- und Kulturgeschichte in Ostmittel- und Südosteuropa 8, Münster 2006)
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