Prof. Dr. Thomas Lindenberger (Dresden): Totalitarismusforschung heute? Betrachtungen im Zwielicht von postkommunistischer Transformation und „illiberaler Demokratie“

Vortrag

Di. 26.11.2019 | 15:00 Uhr
Warschau

„Totalitarismus“ bedeutete immer beides: Analytisches Werkzeug zur systematischen Erforschung eines bestimmten Typus von Diktaturen im Zeitalter der Moderne, und zugleich Reflexion über die Gefahren, die der liberalen Demokratie westlichen Typs von innen her drohen, mit dem Ziel, diese gegen ihre Gegner zu verteidigen. Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs und der Befreiung von den kommunistischen Diktatoren entwickelte sich rasch ein unübersichtliches Gemenge des „Post-Totalitarismus“: In der internationalen Forschung stand der anfänglichen Wiederentdeckung des Konzepts seine Weiterentwicklung, aber auch seine kritische Überwindung gegenüber. Zugleich konnte in der öffentlichen, außerwissenschaftlichen Diskussion über das Erbe von Nazismus und Kommunismus ein „antitotalitärer“ Grundkonsens unvermeidbar zu Tage tretende Widersprüche und Konflikte moderieren, wenn nicht überdecken. Heute stellt sich angesichts des Erstarkens illiberaler und antidemokratischer Bewegungen zu beiden Seiten der früheren Systemgrenze die Frage, wie zeitgemäß „Totalitarismusforschung“ noch – oder wieder – ist.

Thomas Lindenberger ist seit 2017 Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung an der TU Dresden. 2002 erfolgte die Habilitation an der Universität
Potsdam in Neuerer und Neuester Geschichte mit dem Thema Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat, 1952–1968. Jüngst gab er gemeinsam mit Alf Lüdtke heraus: Eigen-Sinn. Życie codzienne, podmiotowość i sprawowanie władzy w XX wieku, Posen 2018.

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